Thomas Mauch
Preisträger des Jahres 2019
Thomas Mauch ist, zumindest für Herzog, Kluge und mich, ein Kameramann, dem wir einen Teil unserer Identität als Filmemacher verdanken.
Helma Sanders-Brahms (Regisseurin)
Thomas Mauch (geb. 1937 in Heidenheim an der Brenz) arbeitet seit fast 60 Jahren als bildgestaltender Kameramann. Insgesamt ist er für die Bilder bei mehr als 70 abendfüllenden Filmen
sowie zahlreichen Kurzfilmen und Fernsehprojekten verantwortlich und gilt als ein prägender Akteur des Neuen Deutschen Films.
Die Begeisterung für Fotografie und Film wurde ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Sein Vater, der nach eigener Aussage selbst Fotograf werden wollte, unterstützte seinen Sohn daher in dessen Berufswunsch. Mauchs Mutter war die Vorsitzende des Filmclubs in Heidenheim. Mauch selbst begann nach dem Abschluss der Waldorfschule eine Ausbildung als Fotograf und absolvierte ab 1957 ein Volontariat bei der Gesellschaft für Bildende Filme in München. Dort lernte er Edgar Reitz kennen, bei dessen ersten Kurz- und Dokumentarfilmen Mauch als Kamera-Assistent mitwirkte. Ab 1963 arbeitete er als freischaffender Kameramann und Dozent am Institut für Filmgestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Hier entstanden die ersten Ideen von Spontaneität, Improvisation und dem Einsatz von Handkameras – Vorsätze und Techniken die sowohl den Neuen Deutschen Film als auch den dokumentarischen Stil von Mauchs Gesamtwerk nachhaltig prägen sollten.
Erkennbar wird diese dokumentarisch anmutende Bildästhetik auch in einem von Mauchs ersten Langspielfilmen, Alexander Kluges ABSCHIED VON GESTERN (1966), bei dem er neben Reitz als zweiter Kameramann fungierte. Der Film feierte international Erfolge und gilt heute als Geburtsstunde des Neuen Deutschen Films. 1968 war Mauch als bildgestaltender Kameramann an Werner Herzogs Debütfilm LEBENSZEICHEN beteiligt. Es sollte der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit sein, aus der Werke wie AGUIRRE, DER ZORN GOTTES (1972) oder FITZCARRALDO (1982) hervorgingen. Eine fruchtbare berufliche Partnerschaft war außerdem jene mit Werner Schroeter, mit dem Mauch seinen persönlichen Lieblingsfilm NEAPOLITANISCHE GESCHWISTER (1978) sowie PALERMO ODER WOLFSBURG (1980) realisierte. Von 2003 bis 2004 arbeitete er an HEIMAT 3 – CHRONIK EINER ZEITENWENDE, dem dritten Teil der Trilogie von Edgar Reitz.
In besonderem Maße prägend für Mauchs Gesamtwerk sind aber auch das feministische Kino der 1960er und 70er Jahre und dessen Protagonistinnen. In Filmen wie Ula Stöckls NEUN LEBEN HAT DIE KATZE (1968) oder UNTER DEM PLASTER IST DER STRAND (1975) von Helma Sanders-Brahms beobachtet seine Kamera aufmerksam zeitgenössische weibliche Lebenswirklichkeiten in der damaligen Bundesrepublik. Neben seiner langjährigen Arbeit als Kameramann und Kollaborationen mit bedeutenden internationalen Regisseuren (beispielweise Jan Němec), wird Mauch ab 1964 (TUNNEL 57) auch selbst als Regisseur tätig. Zudem gründete er seine eigene Produktionsfirma, die u.a. für die Produktion von PALERMO ODER WOLFSBURG verantwortlich zeichnete, der 1980 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin mit dem Goldener Bären ausgezeichnet wurde.
Thomas Mauch erhielt für seine herausragende Kameraarbeit insgesamt dreimal das Filmband in Gold bzw. den Bundesfilmpreis. Ausgezeichnet wurde damit seine jeweilige Bildgestaltung für AGUIRRE, DER ZORN GOTTES (1973), NEAPOLITANISCHE GESCHWISTER (1979) und zuletzt im Jahr 1989 für WALLERS LETZTER GANG von Christian Wagner. Daneben gewann Mauchs Regiearbeit STRAFPROTOKOLL ALLER UND JEDER UNTERTANEN 1976 beim Filmfestival Mannheim den Goldenen Dukat. Seine Kameraarbeit für Eva Hillers UNSICHTBARE TAGE wurde 1991 mit dem Hessischen Filmpreis für Kamera prämiert.
Happy Lamento (2018, Dokumentarfilm)
Regie: Khavn, Alexander Kluge
Los enemigos del dolor (2014)
Regie: Arauco Hernández Holz
Frollein Frappé (2014, Short)
Regie: Vanessa Aab
SaroyanLand (2013, Dokumentarfilm)
Regie: Lusin Dink
El bella vista (2012, Dokumentarfilm)
Regie: Alicia Cano Menoni
Hopfensommer (2011, TV)
Regie: Christian Wagner
Hunger (2009)
Regie: Marcus Vetter, Karin Steinberger
Wir waren so frei (2008)
Regie: Thomas Knauf
Mozart in China (2008)
Regie: Bernd Neuburger, Nadja Seelich
Ich will da sein – Jenny Gröllmann (2008, Dokumentarfilm)
Regie: Petra Weisenburger
Die Flucht der Frauen (2007, TV-Dokumentarfilm)
Regie: Klaudia Reynicke
Heimat-Fragmente: Die Frauen (2006)
Regie: Edgar Reitz
Warchild – Die Vermissten (2006)
Regie: Christian Wagner
50 Films to see before you die (2006)
Regie: Olivia Blythman, Richard Mortimer, Suart Ramsay
Die Hitlerkantate (2005)
Regie: Jutta Brückner
Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende (2004, Miniserie)
Regie: Edgar Reitz
Herbert Marcuse oder die Asche der Revolution (2003, Dokumentarfilm)
Regie: Thomas Knauf
Kino der Fische (2001, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Ein Fall für Zwei (2000-2001, TV-Serie)
– Code Mira
– Schneetreiben
– Spiel, Satz und Mord
Regie: Dieter Laske
La moitié du ciel (2000)
Regie: Alain Mazars
Saint-Cyr | Die Schule der verlorenen Mädchen (2000)
Regie: Patricia Mazuzy
Die Kommissarin (1996-2000, TV-Serie)
– Liebe und Tod
– Der Tote aus der Wagenburg
– Heisse Liebe
– Die grosse Versuchung
– Todesmelodie
Regie: Charly Weller
Zugriff (1998-1999, TV-Serie)
– Nestbeschmutzer
– Karriere einer Leiche
– Die Geisel
– Aye, Aye, Sir
– Techno-Connection
– Captain Lightning
– Der weisse Wal
Regie: Michael Lähn, Holger Barthel
Schwarz greift ein (1999, TV-Serie)
– Die Brandstifter
– Die Fälschung
Regie: Charly Weller
The Tale of Sweety Barrett (1999)
Regie: Stephen Bradley
Mein liebster Feind – Klaus Kinski (1999, Dokumentarfilm)
Regie: Werner Herzog
Walli, die Eisfrau (1997, TV)
Regie: Wilhelm Engelhardt
Reisen ins Leben (1996)
Regie: Thomas Mitscherlich
Orson Welles: The One-Man Band (1995, Dokumentarfilm)
Regie: Vassili Silovic, Oja Kodar
I.D. | Undercover (1995)
Regie: Philip Davis
Zweiunddreißig Richtungen der Windrose (1995, Dokumentarfilm)
Regie: Guido Wenzl
Transatlantis (1995)
Regie: Christian Wagner
Auf Wiedersehen Amerika (1994)
Regie: Jan Schütte
Vom Mörder und seiner Frau (1993, TV)
Regie: Wolfgang B. Heine
Die Denunziantin (1993)
Regie: Thomas Mitscherlich
Des Lebens schönste Seiten (1992, TV)
Regie: Wolfgang B. Heine
Ein Lied für Beko (1992)
Regie: Nizamettin Ariç
Wunderjahre (1992, TV)
Regie: Arend Agthe
Mocca für den Tiger (1991, TV)
Regie: Thomas Nennstiel
Unsichtbare Tage oder Die Legende von den weißen Krokodilen (1991, Dokumentarfilm)
Regie: Eva Hiller
André Heller sieht sein Feuerwerk (1991, Dokumentarfilm)
Regie: Hans-Jürgen Syberberg
Murder East – Murder West (1990, TV)
Regie: Peter Smith
Zug (1990, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Mauch, Christian Wagner
Neues vom Tage (1990, TV)
Regie: Alexander Kluge
Butterbrot (1990)
Regie: Gabriel Barylli
Das schnellste Pferd der Welt. Siglavy Slava I. (1990, TV-Dokumentarfilm)
Regie: Didi Benoit
Im Grunde meines Herzens bin ich Elektriker (1990, TV)
Regie: Thomas Nennstiel
Maria von den Sternen (1989)
Regie: Thomas Mauch
Adrian und die Römer (1989)
Regie: Thomas Mauch, Klaus Bueb
Wallers letzter Gang (1989)
Regie: Christian Wagner
Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein (1989)
Regie: Peter Fleischmann
Fussel (1988, Short)
Regie: Thomas Struck
Ein Treffen mit Rimbaud (1988)
Regie: Ernst-August Zurborn
Farbe bekennen (1987, Werbefilm)
Regie: Helke Sander
Cobra Verde (1987)
Regie: Werner Herzog
Aquaplaning (1987, TV)
Regie: Eva Hiller
Deadline | War Zone – Todeszone (1987)
Regie: Nathaniel Gutman
Das weite Land (1987)
Regie: Luc Bondy
Das alte Ladakh (1986)
Regie: Clemens Kuby
Vermischte Nachrichten (1986)
Regie: Alexander Kluge
Sturz durch Träume – André Hellers Feuerbilder (1986, Dokumentarfilm)
Regie: Guenter Hoermann
Nicht nichts ohne Dich (1985)
Regie: Pia Frankenberg
Der Galaxenbauer (1985, TV)
Regie: Kurt K. Hieber
Der T-Mann (1985, TV)
Regie: Klaus Bueb
Die Achse (1985, Short)
Regie: Thomas Mauch
Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit (1985)
Regie: Alexander Kluge
Wochenendgeschichten (1985, TV-Serie)
– Noch ein Jahr und sechs Tage
Regie: Alexander von Eschwege
Die Hermannsschlacht (1984)
Regie: Claus Peymann
Der Anschlag (1984, Short)
Regie: Pia Frankenberg
Vater und Sohn (1984, Dokumentarfilm)
Regie: Thomas Mitscherlich
Ein friedliches Paar (1983, Short)
Regie: Ursula West
Auf der Suche nach einer praktisch-realistischen Haltung (1983, Dokumentarfilm)
Regie: Alexander Kluge
Der 14. Gesang (1983, Short)
Regie: Martin Ebbing
Dingo (1983, TV)
Regie: Ilse Hoffmann
Heinrich Penthesilea von Kleist (1983)
Regie: Hans Neuenfels
Die Macht der Gefühle (1983)
Regie: Alexander Kluge
Kiez – Aufstieg und Fall eines Luden (1983)
Regie: Walter Bockmayer, Rolf Bührmann
Krieg und Frieden (1982)
Regie: Alexander Kluge, Stefan Aust, Axel Engstfeld, Volker Schlöndorff
Stern des Méliès (1982, Experimentalfilm)
Regie: Dore O.
Fitzcarraldo (1982)
Regie: Werner Herzog
Die Leidenschaftlichen (1982, TV)
Regie: Thomas Koerfer
Die Berührte – No Mercy, No Future (1981)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Huie’s Predigt (1981, Dokumentarfilm)
Regie: Werner Herzog
Glaube und Währung – Dr. Gene Scott, Fernsehprediger (1981, Dokumentarfilm)
Regie: Werner Herzog
Fil, Fond, Fosfor (1981)
Regie: Philippe Nahoun
Desperado City (1981)
Regie: Vadim Glowna
Zorn oder Männersache (1981, TV)
Regie: Alexander J. Seiler
Stolz oder Die Rückkehr (1980, TV)
Regie: Friedrich Kappeler
Der Kandidat (1980, Dokumentarfilm)
Regie: Stefan Aust, Alexander von Eschwege, Alexander Kluge, Volker Schlöndorff
Palermo oder Wolfsburg (1980)
Regie: Werner Schroeter
Die Patriotin (1979)
Regie: Alexander Kluge
Nel regno di Napoli | Neapolitanische Geschwister (1978)
Regie: Werner Schroeter
Tod eines Vaters (1978, TV)
Regie: Thomas Mauch
Heinrich (1977)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Kunst in Fesseln (1977, Dokumentarfilm)
Regie: Isolde Jovine, Hans Brockmann
Stroszek (1977)
Regie: Werner Herzog
Was ich bin, sind meine Filme (1976, Dokumentarfilm)
Regie: Christian Weisenborn, Erwin Keusch
Erikas Leidenschaften (1976, TV)
Regie: Ula Stöckl
Strafprotokoll aller und jeder (1976, Short)
Regie: Thomas Mauch
Das Ulmer Horn (1976, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Mauch
How much Wood would a Woodchuck chuck… – Beobachtungen zu einer neuen Sprache (1976, Dokumentarfilm)
Regie: Werner Herzog
Der starke Ferdinand (1976)
Regie: Alexander Kluge
Shirins Hochzeit (1976, TV)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Une fille unique | Ausgetretene Wege (1976)
Regie: Philippe Nahoun
Ich weiss nicht was soll es bedeuten (1975, Short)
Regie: Zelimir Zilnik
Die Verwandlung (1975, TV)
Regie: Jan Němec
Popp und Mingel (1975, TV)
Regie: Ula Stöckl
Glück hat Flügel (1975, TV)
Regie: Thomas Mauch
Unter dem Pflaster ist der Strand (1975)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Feinde fürs Leben (1974, TV)
Regie: Thomas Mauch
Gelegenheitsbedarf einer Sklavin (1973)
Regie: Alexander Kluge
Die Sache mit dem Gärtner (1973, TV)
Regie: Thomas Mauch
Besitzbürgerin, Jahrgang 1908 (1973, Dokumentarfilm)
Regie: Alexander Kluge
Zu böser Schlacht schleich ich heut Nacht so bang (1972)
Regie: Alexander Kluge
Aguirre, der Zorn Gottes (1972)
Regie: Werner Herzog
Der Welt zeigen, dass man noch da ist (1972, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Mauch
Vorfrühling (1971, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Martin Ripkens, Hans Stempel
Wir verbauen 3×27 Milliarden Dollar in einen Angriffsschlachter (1971, Short)
Regie: Alexander Kluge
Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte (1971)
Regie: Alexander Kluge
Der große Verhau (1971)
Regie: Alexander Kluge
Handicaps (1970, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Martin Ripkens, Hans Stempel
Eine antiautoritäre Frau? (1970, TV)
Regie: Thomas Mauch
Auch Zwerge haben klein angefangen (1970)
Regie: Werner Herzog
Die Unbezähmbare Leni Peickert (1970)
Regie: Alexander Kluge
Die fliegenden Ärzte von Ostafrika (1969, Dokumentarfilm)
Regie: Werner Herzog
Filmstunde (1968, Dokumentarfilm)
Regie: Edgar Reitz
Laos (1968, TV)
Regie: Werner R. Gallé, Thomas Mauch
Neun Leben hat die Katze (1968)
Regie: Ula Stöckl
Feuerlöscher E. A. Winterstein (1968)
Regie: Alexander Kluge
Die Artisten der Zirkuskuppel: ratlos (1968)
Regie: Alexander Kluge
Lebenszeichen (1968)
Regie: Werner Herzog)
Letzte Worte (1968, Short)
Regie: Werner Herzog
Frau Blackburn, geb. 5. Jan. 1872, wird gefilmt (1967, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Alexander Kluge
Panek (1967, Short)
Regie: Theodor Kotulla
Schlagerfilme (1966, Shorts)
Regie: Edgar Reitz
Fußnoten (1967)
Regie: Edgar Reitz
Zum Beispiel Bresson (1967, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Theodor Kotulla, Martin Ripkens, Hans Stempel
Mahlzeiten (1967)
Regie: Edgar Reitz
Wir waren vorbereitet, für Donnerstag, Morgens um sechs in den Streik zu treten (1967, Dokumentarfilm)
Regie: Günther Hörmann
Die Kinder (Short, 1966)
Regie: Edgar Reitz
Abschied von gestern (1966)
Regie: Alexander Kluge
Die Wahl. Der Wahlkampf in Neu-Ulm, 1965 (1966, Dokumentarfilm)
Regie: Wilfried E. Reinke
Haben Sie Abitur? (1965, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Ula Stöckl
Formosa (1965, TV)
Regie: Thomas Mauch, Werner E. Gallé
Der Wald von Overloon (1964, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Mauch, Werner E. Gallé
VariaVision. Unendliche Fahrt – aber begrenzt (1965, Experimentalwerbefilm)
Regie: Edgar Reitz
General Yeh (1964, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Mauch
Tunnel 57 (1964, Dokumentarfilm)
Regie: Thomas Mauch
Der Chef wünscht keine Zeugen (1964)
Regie: Hans Albin, Peter Berneis
Geschwindigkeit. Kino Eins (1963, Short)
Regie: Edgar Reitz
Asta-Arzneimittel (1962, Werbefilm)
Regie: Georg Zauner
Metropolen I – IV (1960, Industriefilme)
Regie: Edgar Reitz
Ärztekongress (1960, Industriefilm)
Regie: Edgar Reitz
Yucatan (1960, Dokumentarfilm)
Regie: Edgar Reitz
Baumwolle (1960, Industriefilm)
Regie: Edgar Reitz
Krebsforschung I und II (1959, Industriefilme)
Regie: Edgar Reitz
Wie viele herausragende Kameraleute hat auch Mauch beim Dokumentarfilm begonnen: Seine ersten Arbeiten entstanden im Rahmen seiner Dozentur an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo auch der Kontakt zu Reitz, Kluge und Herzog zustande kam. Der dokumentarische Ansatz beziehungsweise die Verschränkung und wechselseitige Befruchtung dokumentarischer und fiktionalisierender (Bild-)Elemente zieht sich durch Mauchs Gesamtwerk und ist auch in vielen der von ihm fotografierten Spielfilme deutlich auszumachen. Einen spezifisch individuellen Stil will er darin aber nicht erkannt wissen; ganz im Gegenteil hat er mehrfach betont, keine persönlichen stilistischen Merkmale ausprägen zu wollen.
Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Thomas Mauch zu den prägendsten Bildgestaltern des Neuen Deutschen Films – ja, eigentlich des deutschen Films der letzten 50 Jahre insgesamt –
gehört. Seit seinen ersten Filmarbeiten Ende der 1950er Jahre bei Dokumentar- und Industriefilmen mit Edgar Reitz als Regisseur hat der 1937 in Heidenheim an der Brenz geborene Mauch eine singuläre und herausragende Karriere als Kameramann vorzuweisen. Zentral in seiner Filmografie stehen die langjährigen Zusammenarbeiten mit Alexander Kluge (achtzehn kurze, mittellange und lange Filme) und Werner Herzog (zehn Filme). Weitere wichtige Meilensteine sind zwei Filme für Werner Schroeter und eine Reihe von Arbeiten mit Regisseurinnen wie Helma Sanders-Brahms, Ula Stöckl, Jutta Brückner und Pia Frankenberg.
Noch in einer anderen Hinsicht hat Thomas Mauch einen gewaltigen Anteil an der visuellen Erscheinung des deutschen Films: Zu seinen Assistenten und Assistentinnen gehören über die Jahrzehnte seiner Tätigkeit mit Jörg Schmidt-Reitwein, Dietrich Lohmann, Martin Schäfer, Frank Brühne, Werner Lüring, Rainer Klausmann und Judith Kaufmann eine erstaunliche Liste von einflussreichen Bildgestalterinnen und Bildgestaltern. Wohl kein anderer deutscher Kameramann hat über die Ausbildung einen so großen Einfluss auf das Aussehen des deutschen Films von den 1960er Jahren bis heute genommen. Sogar an der internationalen Karriere des 2015 mit dem Marburger Kamerapreis ausgezeichneten Edward Lachman war Mauch nicht unbeteiligt: Lachman assistierte Mauch bei Herzogs STROSZEK (1977) wie auch bei dessen Kurzfilmen HOW MUCH WOOD WOULD A WOODCHUCK CHUCK (1976) und HUIE’S PREDIGT (1980) und führte dabei jeweils die zweite Kamera. Und als Produzent von Werner Schroeters visuell eigensinnigem Triptych PALERMO ODER WOLFSBURG (1980) bewies Mauch großen Mut und trug auch in dieser Funktion zum Neuen Deutschen Film bei.
Selbst wenn Mauch sich nicht auf einen erkennbaren Bildstil festlegen lässt, so gibt es doch einige wiederkehrende Interessen und Merkmale in der visuellen Gestaltung: Eine Reihe von Filmen
zeigt ein klar konturiertes, fast schon hartes Schwarz-Weiß, so unter anderem ABSCHIED VON GESTERN (Kamera gemeinsam mit Edgar Reitz), LEBENSZEICHEN, AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN und UNTER DEM PFLASTER IST DER STRAND. Damit war Mauch entscheidend verantwortlich für ein Markenzeichen des Jungen Deutschen Films – ein scharf pointiertes, gleichzeitig aber auch lebendig-pulsierendes Schwarz-Weiß, das die Grauwerte konsequent ausschöpfte. AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN und UNTER DEM PFLASTER IST DER STRAND zeichnen sich darüber hinaus durch die große Mobilität der Aufnahmeapparatur und die fast schon autonome Spontaneität der Kamerabewegung aus. Gerade Mauchs Können darin, die Bewegung vor der Kamera mit der Eigenbewegung des Aufnahmegeräts in ein produktives Spannungsverhältnis zu setzen, ist immer wieder anerkennend hervorgehoben worden.
Was das Licht angeht, so bevorzugt Mauch „eine klare, integrierte Kamerakonzeption und ein sauberes, unaufdringliches Licht, das sich so weit als möglich nach Dekors, Raumatmosphären und Schauspielern zu richten versucht, anstatt ihnen um jeden Preis eine eigene, spezifische ‚Beleuchtung‘ verleihen zu wollen.“ (Peter Körte, CineGraph). Dennoch finden sich auch bei der Lichtsetzung, die sich insgesamt weniger prononciert als die Kamerabewegung in den Vordergrund schiebt, bestimmte ästhetische Vorlieben, so ein besonderes Interesse am Gegenlicht, das Personen und Objekte konturiert und mitunter fast schon plastische Körper schafft.
Gelegentlich ist Thomas Mauch auch als „Landschaftsmaler“ unter den deutschen Kameraleuten bezeichnet worden – die Kadrage, die Wahl des Standortes und die Distanz zu den Objekten machen immer wieder etwas sichtbar, das einem flüchtigen Blick verborgen bleibt. Dabei kann man etwa an die surrealen und lebensfeindlichen Orte bei Werner Herzog (das Amazonasgebiet in AGUIRRE und FITZCARRALDO, die sturmumtosten Kanaren in AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN, das winterliche Wisconsin in STROSZEK) denken, aber auch das von der Moderne abgehängte Allgäu in WALLERS LETZTER GANG oder die bundesrepublikanischen Stadtlandschaften im Umbruch, die die feministischen und semi-dokumentarischen Arbeiten der 1970er Jahre prägen (z.B. in UNTER DEM PFLASTER IST DER STRAND). Bis zu einem gewissen Grad im Kontrast dazu steht die modernistische Reflexivität, die die montageintensiven Essays von Alexander Kluge auszeichnen, bei denen die Spuren der Kameraarbeit nicht immer ganz einfach zu isolieren sind. Gerade für Kluge, der Mauchzum 80. Geburtstag kürzlich einen schönen Filmessay widmete, ist Mauch über die Jahre zu einem kongenialen Partner geworden.
Thomas Mauch hat sich in seiner reichhaltigen bildkünstlerischen Tätigkeit niemals dem Massengeschmack angebiedert und ist auch keinen aktuellen Moden blind gefolgt. Dabei hat er über einen Zeitraum von mehr als fünfzig Jahren hinweg einen herausragenden Korpus an Filmen visuell gestaltet und sich so nachhaltig um die deutsche Filmkultur verdient gemacht. Neben den zahlreichen stilbildenden Meilensteinen und den ästhetisch eigenständigen Solitären (z.B. DESPERADO CITY, 1981) finden sich in seinem reichen Werk auch zahlreiche Filme, die sich weder für den Mainstream noch für den Massenerfolg interessiert haben, sondern stets einen eigenen Weg gesucht haben. Diese gilt es in ihrer diversen Vielfältigkeit wiederzuentdecken.